Im Herzen der Yin Yoga Praxis geht es nicht um bestimmte Strukturen, Dogmen oder gar Posen. Es geht um die Erfahrung, die wir während dieser Praxis machen. Es geht nicht darum, wie wir aussehen, wenn wir in der Praxis sind und wie wir welche Posen ausführen. Es geht darum, in unserer Praxis und somit in unserem Leben wirklich präsent zu sein und friedvoll wahrnehmen zu können, was gerade ist.

Es ist eine Praxis, um das Zuhören zu üben. Der Fokus liegt darauf, zuzuhören was gerade ist. Wir verbleiben für eine Weile in einer physischen Position und es öffnet sich ein Raum um zuzuhören, was unser Körper uns zu sagen hat. Das hängt meistens sehr eng damit zusammen, was unser Geist uns mitzuteilen hat. Wie gehen wir mit dem um, was wir dann hören und fühlen? Wir haben die Wahl mit jedem Atemzug weich und friedvoll in unserem Körper und in unseren Gedanken zu werden. Akzeptanz, Wohlwollen und Liebe zu kultivieren, zuerst uns selber gegenüber und aus diesem Raum zu allem um uns herum.

Yin Yoga ist eine äußerlich ruhige Praxis, die die Körperarbeit mit der inneren Arbeit zusammenfließen lässt. Eine Fusion von Yoga und Meditation, die Ruhe, Geduld und Humor in uns sät.

Der Aspekt von Meditation liegt in der Möglichkeit, dass wir uns im urteilsfreien Wahrnehmen und Zuhören üben und dann entscheiden können, was wir loslassen und was wir weiter pflegen und nutzen. Es gibt Geschichten in unserem Leben, die wir alle in uns tragen und die bewusst und unbewusst unser Denken und Handeln prägen. In der Yin Praxis arbeiten wir mit diesen Geschichten. Was sind wiederkehrende Geschichten, die uns nicht mehr dienlich sind und die uns schwer machen? Wir können selber entscheiden, diese Geschichten anders weiter zu schreiben oder nicht mehr zu erzählen. Was sind die Geschichten, die uns dienen und nähren? Wir können selber entscheiden, diese Geschichten als Antrieb und Quelle unserer eigenen Kraft zu nutzen.

Körperlich erfahren in der Yin Praxis viele Menschen ein Gefühl von tiefer Entspannung und Losgelöstheit, weil wir dem Körper genug Raum und Zeit geben, weich zu werden und bis dahin loszulassen, wo es heute Sinn macht. Durch die sanften und länger geübten Positionen geht die Wirkung bis in das tiefer liegende Bindegewebe, das mit anderen körperlichen Yogapraxen oft nicht erreicht wird.

Auf energetischer Ebene wirkt Yin Yoga auf den Energiefluss und kann Blockierungen lösen und positive, gesundheitliche Auswirkungen bis in die Organe und das Gewebe erzeugen, sodass wir uns wieder kraftvoller, balancierter und entspannter fühlen. Dies ist der Aspekt der Arbeit mit den Meridianen nach der Traditionellen Chinesischen Medizin.

Zuhören und Beobachten können wir auf der Matte üben und lernen. Wie ein Welleneffekt hilft es uns dann auch außerhalb der Matte diese Qualitäten in unseren Alltag zu bringen. Wie wir uns erlauben uns selber anzunehmen, machen wir uns auch Raum und Möglichkeit auf, andere Menschen anzunehmen. Wir kultivieren eine meditative Haltung gegenüber unserem Leben, in dem die Wahl besteht, zu ändern oder zu akzeptieren und dabei mit innerem Frieden und Weichheit vorzugehen.